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Nicht aufzuklärende Reihenfolge des Versterbens im Erbscheinsverfahren
Leitsatz
1. Kann im Wege der Amtsermittlung gemäß § 26 FamFG in einem Erbscheinverfahren nach Einholung eines rechtsmedizinischen Sachverständigengutachtens nicht mit der erforderlichen Sicherheit geklärt werden, dass ein Erblasser von seinem Ehegatten überlebt worden ist, greift die Vermutung des § 11 VerschG.
2. An den Beweis des Überlebens im Rahmen des § 1923 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen (Anschluss OLG Hamm, Beschluss vom 12.06.1995 - 15 W 120/95, Rn. 25, juris).
Sachverhalt
Der kinderlose Erblasser verstarb zwischen dem 30.12.2022 und dem 09.01.2023, gefolgt von seiner Ehefrau M E, die zwischen dem 07.01.2023 und dem 09.01.2023 starb. Beide hatten sich in einem notariellen gemeinschaftlichen Testament von 2007 gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Am 09.01.2023 bemerkte ein Zeuge die erhängte M E in einem Schuppen. Die Polizei stellte später den Tod ihres Mannes im Schlafzimmer fest, wo er mit fortgeschrittener Fäulnis im Bett lag. Trotz Ermittlungen und eines Gutachtens konnte der genaue Todeszeitpunkt der Eheleute nicht eindeutig bestimmt werden.
Die Kriminaltechniker fanden heraus, dass der Leichnam der M E am 09.01.2023 keine Fäulnis aufwies, während der des Erblassers bereits starke Verwesungserscheinungen zeigte. Da der Gesundheitszustand des Erblassers in den Wochen vor seinem Tod stark abgenommen hatte, ist es möglich, dass er vor seiner Frau verstarb. Ein exakter Todeszeitpunkt konnte jedoch nicht ermittelt werden, da es bei beiden Todesfällen zu zeitlichen Überschneidungen gekommen sein könnte.
Der Erblasser und M E blieben ohne leibliche oder adoptierte Kinder, und die Eltern des Erblassers waren vorverstorben. Als gesetzliche Erben kamen daher seine Geschwister sowie die Nachkommen seiner verstorbenen Geschwister in Frage. Am 06.04.2023 wurde ein Antrag auf Erteilung eines Erbscheins gestellt, der die gesetzliche Erbfolge zugunsten der Geschwister und deren Nachkommen bestätigte. Der Bruder von M E widersprach diesem Antrag, da er der Meinung war, dass M E ihren Mann überlebt hatte und somit seine Erbin geworden sei.
Das Amtsgericht Offenburg lehnte den Antrag des Bruders von M E ab, da die Beweisaufnahme nicht eindeutig klären konnte, dass der Erblasser nach seiner Frau verstorben war. Die gesetzlichen Erben des Erblassers, also seine Geschwister und deren Nachkommen, wurden daraufhin als Erben anerkannt. Beschwerden gegen diese Entscheidung wurden eingelegt, jedoch wurde das Gutachten zur Todesreihenfolge als nicht schlüssig genug bewertet, um M E als Erbin zu bestätigen.
Letztlich wurde aufgrund der gesetzlichen Vermutung gemäß § 11 VerschG, dass beide Eheleute gleichzeitig verstorben sind, entschieden, dass M E den Erblasser nicht beerbt hat. Daher wurden die Geschwister des Erblassers und deren Nachkommen zu den rechtmäßigen Erben erklärt.
Eingestellt am 16.10.2024 von Herr Alexander Nisi
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